Zum fünften Mal traumhaft schön
Veröffentlicht am Dienstag, 28. Juli 2020
Mit Traditionen soll man nicht brechen. Und nach vier vom Publikum begeistert angenommenen Ausgaben der Wörlitzer Filmtage darf man durchaus von einer liebgewonnenen Tradition sprechen, die Historienfilm-Freunde weit über die Grenzen der Parkstadt hinaus anzieht. Sich ausgerechnet im 5. Jahr – also beim ersten kleinen Jubiläum – in den Reigen der zahlreichen Veranstaltungsabsagen der letzten Monate einzureihen, war für die Organisatoren des Festivals daher keine Option. Vom 22. bis 28. August wird darum wieder auf die wunderschöne Insel Stein eingeladen. Wie immer in diesen Tagen nicht ganz ohne Einschränkungen – aber wie immer bei den Wörlitzer Filmtagen mit großartigen Filmen, jeder Menge Leidenschaft und extra viel Atmosphäre.
„Wir freuen uns riesig darauf, auch in diesem Jahr wieder auf die Insel Stein zurückkehren zu können“, blickt Thomas Ohrmann von der Agentur 3undzwanzig voraus. Die Dessauer hatten Anfang 2016, inspiriert durch eine Sonderveranstaltung und Uwe Quilitzsch von der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, die Idee der Wörlitzer Filmtage entwickelt und nur wenige Monate später erstmals in die Tat umgesetzt. Seitdem hat sich das außergewöhnliche Festival, das sich ganz dem historischen und Kostümfilm widmet und das vor allem vom Zusammenspiel des Leinwandgeschehens mit der einmaligen Kulisse der Insel Stein lebt, zu einem kleinen Jahreshöhepunkt mit einer treuen Fangemeinschaft entwickelt.
In enger Kooperation mit der Kulturstiftung, mit gastronomischer Begleitung durch das Ringhotel „Zum Stein“, unterstützt von Partnern wie „Cookhouse Culture“ und „B & S Gerüstbau“ und präsentiert vom Peter Autozentrum Anhalt und der AHLSA GmbH wird in der letzten Augustwoche ein Programm zu erleben sein, das sowohl sehr aktuelle Produktionen als auch wiederentdeckte Klassiker in den Mittelpunkt stellt. „Aufgrund unserer thematischen Ausrichtung wird die Filmauswahl zwar von Jahr zu Jahr herausfordernder. Trotzdem ist es uns gelungen, erneut sieben spannende, berührende, unterhaltsame, bekannte und weniger bekannte, vor allem aber sehenswerte Programmpunkte zusammenzustellen. Und mit dem späten 18. bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert ist sogar das Zeitfenster aller Filmhandlungen so nah an den Zeiten von Fürst Franz wie selten“, freuen sich die Organisatoren.
Eröffnet werden die 5. Wörlitzer Filmtage mit „The Invisible Woman“ aus dem Jahr 2013. Schauspiel- Star Ralph Fiennes übernahm in der Filmbiografie nicht nur die Hauptrolle des berühmten Schriftstellers Charles Dickens, sondern führte auch Regie. Geschildert wird die alles andere als unkomplizierte Liebe des 45-jährigen Autors zur 18 Jahre alten Schauspielerin Nelly Ternan.
„Marie Curie – Elemente des Lebens“ mit Rosamunde Pike in der Titelrolle ist am Abend darauf, und damit nur wenige Wochen nach dem deutschen Kinostart, auf der Insel Stein zu erleben. Das Leben der zweifachen Nobelpreisträgerin, Entdeckerin der Radioaktivität und vor allem als Wissenschaftlerin in der männerdominierten Welt der Jahrhundertwende steht hier ebenso im Mittelpunkt wie die besondere Beziehung zu ihrem Ehemann Pierre.
Die unsterbliche Liebe zwischen Clara und Robert Schumann ist am Montag dann nicht der einzige Grund, sich den Kinoklassiker „Frühlingssinfonie“ aus dem Jahr 1983 anzusehen. Schließlich war das Liebesdrama die erste westdeutsche Produktion, die an Originalschauplätzen in der DDR gedreht werden durfte – unter anderem in Wörlitz – und sie zeigt Herbert Grönemeyer in seiner letzten großen Kinorolle, bevor er sich ganz auf seine Musikkarriere konzentrierte.
„Little Women“ von 2019 kommt am Festivaldienstag zur Aufführung. Prominent besetzt mit Emma Watson, Saoirse Ronan, Laura Dern und Meryl Streep begleitet das Historiendrama vier Schwestern im Amerika der 1860er Jahre. Da ihr Vater Dienst in der Armee leistet, müssen sie ihr Leben in einer stark von Geschlechterrollen geprägten Gesellschaft allein meistern – trotz ihrer Unterschiedlichkeit aber dennoch immer gemeinsam.
Einen absoluten Kultfilm und Kinoklassiker und zugleich eine komödiantische Auflockerung des ansonsten eher berührenden Festivalprogramms präsentieren die Wörlitzer Filmtage zur Wochenmitte. „Tanz der Vampire“ von und mit Roman Polanski hat über 50 Jahre nach seiner Entstehung nichts an Situationskomik eingebüßt und verbindet Gesellschaftssatire und wohligen Grusel mit einer Parodie auf berühmte Blutsauger wie Dracula und Nosferatu.
Am vorletzten Abend begleitet „Madame Bovary“ von 2014 die junge Emma, die die Klosterschule verlässt, um in einer arrangierten Heirat den Landarzt Charles Bovary zu heiraten. Vom Landleben und ihrer Ehe gelangweilt, sehnt sie sich schon bald nach Aufregung, Status und Liebe. Und an Avancen und potenziellen Liebhabern herrscht für die temperamentvolle Emma kein Mangel.
Zu wahren Begeisterungsstürmen riss „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ bei seiner Premiere im vergangenen Jahr Kritiker und Publikum hin. Im Frankreich des Jahres 1770 wird eine Malerin beauftragt, im Geheimen das Porträt einer Adeligen zu malen, mit dem gegen ihren Willen ihre Hochzeit angebahnt werden soll. Doch je mehr Zeit die beiden jungen Frauen miteinander verbringen, desto näher kommen sie einander.
Ein mehr als würdiger Schlusspunkt der 5. Wörlitzer Filmtage – auch wenn Besucher und Veranstalter in diesem Jahr mit einigen Einschränkungen leben müssen. „Aufgrund der geltenden Verordnungen müssen wir einen Mindestabstand von 1,50 m zwischen einander fremden Menschen sicherstellen. Um dies zu gewährleisten, können Besucher also nur versetzt und in Zweiergruppen platziert werden. Einzige Ausnahme sind die Liegestühle vor der Fürstenloge mit bis zu vier Personen nebeneinander, die jedoch nicht versetzt werden dürfen. Dafür bitten wir bereits jetzt für Verständnis“, erklärt Thomas Ohrmann. Das Mitbringen und Aufstellen eigener Sitzmöbel ist in diesem Jahr nicht gestattet, auch Decken wird es aufgrund der Hygieneregeln nicht geben können. Der Weg in das und aus dem römischen Theater wird als „Einbahnstraße“ markiert. Jeder Kinofan muss zudem eine Besucherregistrierung ausfüllen – und sollte das im Idealfall schon zu Hause tun, um den Einlass vor Ort so unkompliziert wie möglich zu machen. Das Formular gibt es zum Download unter www.wörlitzer-filmtage.de.
Ausschließlich online sind in diesem Jahr auch die Tickets für die Wörlitzer Filmtage erhältlich, eine Abendkasse gibt es nicht. Aufgrund der geschilderten Einschränkungen sinkt die maximale Besucherzahl auf ca. 150 Personen. Sich rechtzeitig Karten für seinen Lieblingsfilm zu sichern ist diesmal daher so dringend anzuraten wie noch nie. Der Ticketpreis von 12 Euro bleibt konstant, hinzu kommt eine Bearbeitungsgebühr des Dienstleisters.
„Wir hoffen, dass sich das Publikum trotz dieser besonderen Umstände genauso auf die Wörlitzer Filmtage freut wie wir. Wenn sich alle an die Vorgaben halten, die gewohnt gute Laune mitbringen und uns auch das Wetter gewogen bleibt, wird diese besondere Woche ganz sicher mindestens so schön wie in den letzten Jahren“, versprechen die Kinomacher.