Festival mit garantiertem Logenplatz
Veröffentlicht am Dienstag, 28. Juli 2020
Die Bitterfelder Chart-Stürmer von „Goitzsche Front“ pflegen eine besondere Beziehung zu ihren Fans und haben in den vergangenen Monaten nichts unversucht gelassen, damit der Kontakt auch unter Pandemiebedingungen nicht abreißt. Drei Online-Festivals mit befreundeten Bands, eine durch die Behörden gestoppte LKW-Balkontour oder ein gefeiertes Autokinokonzert in Ferropolis sind nur einige Beispiele. Mit dem „Hafen & Herz“-Festival könnten die Rockmusiker nun am 14. und 15. August sogar Maßstäbe für Veranstalter in aller Welt setzen.
Schon am zweiten Juli-Wochenende zeigte die Veranstaltergemeinschaft aus „Newado Enter-tainment“, „Mö PR“ und „Major Compact Units“ an zwei Abenden in Oschatz, wie Konzertkultur im Ausnahmejahr 2020 funktionieren kann. Für die Auftritte des DJ-Duos „Gestört aber Geil“ und von „Goitzsche Front“ entstanden Stehplatzlogen aus Absperrgittern, jeweils mit Raum für vier Personen und mit ausreichend Abstand zur Nachbarloge. Ein Einbahnstraßensystem und Desin-fektionsmöglichkeiten taten ihr übriges, um Feiern fast wie früher möglich zu machen – ohne Mundschutz, im Stehen, mit Abstand und trotzdem als Teil einer begeisterten Masse von fast 1.000 Gleichgesinnten. „Die bis dato existierenden Formate wie Picknick- oder Strandkorbkonzerte waren für uns keine Option. Wir wollten den Fans und auch uns ein bestmögliches Livefeeling geben“, blickt Steven Dornbusch, Inhaber von „Newado Entertainment“ sowie Freund und Manager von „Goitzsche Front“, auf die rund zwei Monate zwischen erster Idee und Umsetzung zurück. Letztere begeisterte nicht nur die Anwesenden auf und vor der Bühne, sondern sorgte als wegweisendes Konzept sogar bis nach Amerika für Schlagzeilen.
Für Dornbusch und die Jungs von „Goitzsche Front“ war jedoch klar, dass sie ihr nächstes Event nicht in die Ferne führen, sondern ganz im Gegenteil vor der eigenen Haustür stattfinden sollte. Denn eigentlich sollte hier vom 14. bis 16. August das diesjährige „Goitzsche Fest[ival]“ steigen, das mit dem Großveranstaltungsverbot auf kommendes Jahr verschoben werden musste. Nun heißt es stattdessen im Stadthafen Bitterfeld am 14. und 15. August „Hafen & Herz – Das Festival an der Goitzsche“. Los geht es am Freitag um 20 Uhr und am Sonnabend um 18 Uhr, der letzte Ton muss laut Genehmigung jeweils um 24 Uhr erklingen. Dazwischen gibt es am Freitag „Anthony Scott“, „Hardy & Heroes“, „The Ape Escape“ und zum Abschluss „Goitzsche Front“ auf die Trommelfelle. Auch am Sonnabend setzen die Bitterfelder den musikalischen Schlusspunkt, nach „King Kongs Deoroller“, „Kaestel“, „Berserker“ und „Viva“.
Anders als bei einem „normalen“ Festival geht es beim „Hafen & Herz“ allerdings nach dem Ende des Bühnenprogramms nicht zurück in Zelt oder Wohnwagen – jedenfalls nicht auf dem offiziellen Festgelände. Ein organisiertes Camp darf es nicht geben, übernachtet wird in Eigenregie der Besucher, auch wenn Fans sich untereinander sicher im Rahmen der Möglichkeiten helfen. Rückblickend auf die Erfahrungen vom Juli ist sich Steven Dornbusch aber sicher, dass dieser Wermutstropfen den gemeinsamen Spaß kaum schmälern wird: „Es ist ein Schritt zurück in die Normalität. Auch wenn es noch Einschränkungen gibt, so war es für die Fans, die Crew und auch uns wieder ein wahnsinnig tolles Gefühl...Fans, Musiker und Crew, Freunde und Bekannte... alle sind wieder beisammen und genießen eine Leidenschaft, die sie verbindet. Für ein paar Stunden sind alle Sorgen vergessen und man tankt Kraft.“
Kraft, die gerade in der Veranstaltungs- und Konzertbranche nach den letzten Monaten dringend gebraucht werde, betont Dornbusch. Denn während die Band die Zeit nutzte, um an neuen Ideen zu arbeiten und ein neues Album zu produzieren, standen insbesondere Techniker und Crew, die vom Konzertgeschäft leben, von heute auf morgen ohne Einkommen da. Die Band half, wo sie konnte – und auch die Fans sammelten und spendeten fleißig Geld für die Crew, obwohl nicht wenige von ihnen gerade selbst von Kurzarbeit oder ähnlichem betroffen sind, wie der Bandmanager gerührt berichtet. „Es ist eine schwierige Zeit, aber Fakt ist, jetzt merken wir umso mehr, wie stark der Bann zwischen Fans, Band und Crew ist. Es heißt ja, in guten wie in schlechten Zeiten, und genau dies erleben wir gerade. Wir sind stolz, dankbar und unglaublich beeindruckt von dem, was wir gerade erleben.“
Mit dem „Hafen & Herz“ wollen die Veranstalter daher auch etwas von dem zurückgeben, was sie in diesem Jahr an Zuspruch, Begeisterung und Unterstützung erfahren haben. Gemeinsam mit befreundeten Bands und zusammen mit knapp 1.000 Freunden vor der Bühne. Zwar ohne Moshpit oder Gruppenkuscheln, aber dafür mit der Sicherheit, dass der Platz in der Menge auch nach dem Bierholen oder -wegbringen noch frei ist. Wenn man denn noch ein Ticket ergattern kann. Schon 24 Stunden nach Vorverkaufsstart bei „Eventim“ war die Hälfte aller Karten vergriffen – die Chancen an der Abendkasse dürften also eher gering ausfallen. Aber wenn sich alle Fans so vorbildlich an die aktuellen Spielregeln halten wie in Oschatz steht einer Fortsetzung in absehbarer Zeit ja eigentlich nichts im Wege.
LEO Glücksmoment
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